Musikalische Affäre mit Tiefgang

Martina Eisenreich & Andreas Hinterseher, Neue Presse, 13.01.15

 

 

 

Bei „Leise am Markt“ stehen die erfolgreichen Künstler Martina Eisenreich und Andreas Hinterseher auf der Bühne. Ein Abend voller Emotionen, zarter, furioser Interpretationen und einer gehörigen Portion schrägem Humor.

Es sei immer wie eine „geheime, musikalische Affäre“, sagt Martina Eisenreich über ihre seltenen Bühnenauftritte mit Andreas Hinterseher. Sowohl die 33-jährige Filmkomponistin und Violinistin –die im Alter von drei Jahren schon Musikunterrichterhielt, mit 15 Jahren Jungstudentin an der Hochschule für Musik und Theater München wurde und sowohl 2013 als auch 2014 Jahr den Rolf-Hans-Müller-Preis für die beste deutsche Fernseh-Filmmusik entgegen nahm – als auch der Akkordeonist Andreas Hinterseher sind sonst hauptsächlich im größeren Ensemble unterwegs: Martina Eisenreich mit ihrem gleichnamigen Quartett und Andreas Hinterseher mit „Quadro Nuevo“, dem erfolgreichen Tango-Quartett, das seit 1996 durch die Welt tourt und bereits 3000 Auftritte hinter sich hat.

Das Publikum im ausverkauften „Leise am Markt“ durfte am Sonntagabend an dieser sehr besonderen musikalischen Affäre teilhaben, einer „Suche nach dem Wunderbaren“, wieder Ankündigungstext zu Recht versprochen hatte. „Into The Deep“ heißt das gemeinsame Album der Ausnahmekünstler, die an diesem Abendbekannte oder neue, eigene Filmmusiken nicht einfach nur interpretieren. Schon bei dem zweiten Stück des Abends, dem Piazzolla-Klassiker „Oblivion“ wird deutlich, dass bei diesem Duo das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile ergibt.

Absolut und intuitiv ergänzen sich die Künstler, es scheint ein alchimistischer Vorgang zu sein; nicht nur, dass „irgendetwas mit den Obertönen passiert“, wie Martina Eisenreich das Zueinanderpassen und harmonische Klangergebnis ihrer beider Instrumente auszudrücken versucht, – es scheint auch, dass die emotionalen Wellenlängen beider Musiker derart identisch sind, dass sie sich bei Aufeinandertreffen nicht nur zu Bergen und Tälern, sondern zu regelrechten Hochgebirgen und Tiefseegräben verstärken. Das selbst ernannte „Bonsai-Orchester“ spielt sich direkt ins Herz, into the deep eben; mit dem zauberhaft zarten „Adagio“ aus dem Ballett „Spartakus“ von Aram Khachaturian zum Beispiel. Von bloßem Herz-Schmerz-Gesäusel jedoch ist das Programm weit entfernt. Zu einigen Stücken liefert der Komponist und Interpret Andreas Hinterseher zur großen Freude des Publikums ebenso unterhaltsames wie keinesfalls immer hundertprozentig ernstzunehmendes Hintergrundwissen. Beim „Morgen in Tunis“ – hier tauscht Martina Eisen-reich die Violine gegen die merkwürdige Trichtergeige, und das Duo bekommt Verstärkung durch den Perkussionisten Wolfgang Lohmeier –handele es sich um die völlig neuartige und noch recht unbekannte Gattung der „postinspirativen Reisemusik“, die in diesem Fall unmittelbar mit einem verregneten Tunesien-Aufenthalt und zwei Dromedaren namens „Helmut“ und „Shakira“ zusammenhinge. Noch absurder aber erscheint der Bericht einer wilden Flucht durch Griechenland bis nach Rumänien, die unter anderem mit einem unglücklichen Schaf, einer toten Ziege und transsilvanischen Begegnungen zu tun hat, und daher die daraus entstandene wilde „Goaßmusik“ leider „ein wenig gehetzt“ klingen müsse. Das Publikum lernt die Bestandteile des „großen blauen internationalen Reiseschlagwerks“ von Wolfgang Lohmeier genauso kennen wie den Hang des Duos Eisenreich/Hinterseher zu schrägem Humor. Die Virtuosen nehmen das Publikum zur Filmmusik aus „Der Postmann“ mit nach Italien, nur um dann jegliche rührselige Filmmusik-Besinnlichkeit mit dem furiosen Up-Tempo-Stück eines bulgarischen Tanzes von der Bühne zu fegen. „Sie können gerne dazu tanzen!“, scherzt Andreas Hinterseher mit den Zuhörern, nur um zu beweisen, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit ist.

Martina Eisenreich und Andreas Hinterseher schenken dem begeisterten Publikum die Essenz des Tangos und fantasievolle Weltmusik; sie setzen, wenn es zu kitschig zu werden droht, immer ein musikalisches Augenzwinkern dagegen; sie erstaunen mit wilden, gewagten Interpretationen und würzen das Ganze mit einem ganz eigenen Humor: eine Mischung, die die Zuhörer mit uneingeschränkter Sympathie und langem Applausbelohnen.

Text/Bild: Cornelia Stegner

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