Le Café Bleu International, infranken.de, 24.10.14
Mit „Leise am Markt“ wurde ein neuer, reizvoller Veranstaltungsort in Coburg geschaffen. „Le Café Bleu International“ verzauberte beim Auftakt zur ambitionierten neuen Kultur-Initiative. Die Jazz-Welt nach Coburg zu bringen, ein kleines bisschen zumindest, ist das Anliegen von Antoinetta Bafas. Seit vielen Jahren als einfallsreiche und kaum zu stoppende Chorleiterin hier aktiv, ist sie jetzt zudem die künstlerische Leiterin des neuen, von der Firma Leise geschaffenen und ausgesprochen reizvollen Veranstaltungsortes „Leise am Markt, der 100 Gäste fasst.
Ganz zentral in der Herrngasse fand am Donnerstag das offiziell erste Jazz-Konzert dieser neuen Kultur-Initative statt, zwischen den alten, riffeligen, aber nach wie vor mächtigen Holzpfeilern der Coburger Historie und einer Vielfalt von modernen Gestaltungselementen in elegantem Grau und Weiß, die sich zu kunstvoller Einheit verbinden. Vor vier Wochen hatte Antoinetta Bafas von heute auf morgen den Mundorgel-Virtuosen Wu Wei zu einem Konzert vor seinem Auftritt mit dem Philharmonischen Orchester des Landestheaters verpflichtet. Richtig Premiere aber war am Donnerstag.
Bafas zeigte sich bei der Begrüßung überwältigt von dem sofortigen Zuspruch. Erst Ende letzter Woche angekündigt, hätte man in kürzester Zeit die doppelte Anzahl von Karten ausgeben können, sie habe ab Montag nur noch Absagen erteilen können. Was sie vor allem darauf zurück führt, dass Coburg in seinem Kulturangebot zwar „gefühlt“ eine Großstadt sei, im Bereich Jazz, Welt- und experimentelle Musik aber absolut unterbelichtet. Für diese Aussage erhielt Bafas sofort Applaus. Tatsächlich ist für die Jazz-Freunde, von denen es hier gar nicht so wenige zu geben scheint, abgesehen von den jetzt wieder bevorstehenden Sonneberger Jazztagen kaum etwas geboten in der Region. Mit „Leise am Markt“, das für alles Mögliche, Firmen- wie private Zwecke, dienen soll, will sie in ihrer ambitionierten neuen Reihe nichts weniger als Künstler von internationalem Format, ob etabliert oder vielversprechend auf dem Weg dorthin, nach Coburg lotsen. Klingt gut.
Drei Klangzauberer
In diesem Sinne und Rahmen am Donnerstag also Le Café Bleu International, ein zweifelsohne herausragendes Jazztrio, das Bafas im renommierten Münchner Jazzclub Unterfahrt aufgefallen ist. Standen der Franzose Matthieu Bordenave (Tenorsax), der Deutsche Leonhard Kuhn (E-Gitarre) und der Amerikaner Jay Lateef (Percussion) letztes Jahr in der ersten Coburger Jazznacht noch etwas am Rande, so verführten, verzauberten die drei Buben jetzt ihr gut gemischtes Publikum aus Alt und Jung mit ihrer Aufbruchsfrische bei gleichzeitiger technischer Reife und emotionaler (Stil-)Sicherheit. Edith Piafs unvergängliche Chansons im Visier, ließen sie um deren einfallsreich ausgelotete Motive eine eigene musikalische Welt aus wild flirrenden Sax-Läufen und Gitarrenlichtern explodieren (was nicht jedermanns Geschmack ist).Alles und alle zum Schmelzen aber brachten die drei mit ihren eher sanften Malereien, erst Recht, wenn sie von den ihrerseits absolut zauberhaften Kompositionen des Tschechen Karel Swovoda (1938 – 2007) ausgingen, jedem im Ohr, der irgendwann einmal eine tschechische Märchenverfilmung gesehen hat, allen voran „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. Einzelnen Tönen, kleinen Motivfolgen mit unbedingter Ernsthaftigkeit, um nicht zu sagen Ehrfurcht, nachforschend, gelingt es diesem Trio, Vertrautes in verheißungsvoll Neuem aufgehen zu lassen. Die Musiker betreten frei wandelnd eine neue Welt, durchaus jeder Musiker für sich auch allein, wobei die drei Instrumente aber mit beeindruckender Souveränität wieder zueinander finden, sich hinreißend verschmelzen.
Spannende Klangmuster
Entdeckertum und Mut zum eigenen Ton, Mut auch, sich dem Freien und Anderen auszuliefern, zeichnen nicht nur den charmant moderierenden Franzosen Matthieu Bordenave mit seinem Saxofon aus. Leonhard Kuhn geht seinen spannenden E-Gitarrenweg, die Ruhe des elektronischen Klangmusters wirken lassend. Und das Bürschlein am Schlagzeug, Jay Lateef, lange sensibel zurückhaltend die anderen tragend, sanft anstupsend, geht irgendwann auf in unglaublichen Solos, einfallsreich, nicht tobend, sondern klangzaubernd und rhythmisch tanzend im Vielerlei.
Text/Bild: Dr. Carolin Herrmann